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So wird dein Sitz zum Fundament – 6 biomechanische Tipps für mehr Balance im Sattel

Ein Beitrag von Daniela Rahn | Biomechanisch Korrekt Reiten

Ein zentrales Fundament für jedes Reitniveau ist dabei der Sitz des Reiters. Nur wenn der Reiter korrekt und ausbalanciert sitzt, kann er präzise Hilfen geben, feinfühlig kommunizieren und den Bewegungsablauf seines Pferdes optimal unterstützen.

Über mich

Mein Name ist Daniela Rahn und ich habe mich auf die Biomechanik von Pferd und Reiter spezialisiert. Ursprünglich komme ich aus dem Dressursport, wo ich viele Jahre als Bereiterin gearbeitet und Pferde unterschiedlicher Leistungsklassen ausgebildet habe. Fast ein Jahr durfte ich auch in den USA tätig sein und hatte außerdem das große Glück, über viele Jahre eng mit fantastischen Trainern wie Jonny Hilberath zusammenzuarbeiten.

Neben meiner reiterlichen Laufbahn habe ich Bauingenieurwesen studiert und als Diplom-Bauingenieurin ein besonderes Verständnis für Dysbalancen, Hebel und Kräfte entwickelt. Dieses fundamentale Wissen verknüpfe ich heute mit meiner Arbeit im Training von Pferd und Reiter, denn auch im Reiten spielen physikalische Gesetze eine entscheidende Rolle.

Seit über 30 Jahren trainiere ich Reiter und Pferde. Meine große Leidenschaft ist es, den Reitern die biomechanischen und physikalischen Zusammenhänge näherzubringen und ihnen zu zeigen, wie daraus eine feinfühlige Verbindung zum Pferd entstehen kann. Mir ist es ein Herzensanliegen, Reitern mehr Verständnis für ihr Pferd zu vermitteln – indem ich ihr Wissen über den eigenen Körper erweitere, was zu einem viel effektiveren, feineren Reiten führt.

Durch meine Arbeit durfte ich nicht nur Dressurreiter begleiten, sondern auch Spring- und Vielseitigkeitsreiter – darunter Olympiareiter, Grand-Prix-Reiter sowie Reiter der deutschen, österreichischen, kanadischen und schweizerischen Equipe. Meine Liebe zu Pferden begann schon mit vier Jahren, als ich mein erstes Pony bekam. Heute bin ich europaweit unterwegs, um Lehrgänge zu geben und mein Wissen weiterzugeben.

1. Die Senkrechte finden

Der Sitz in der Senkrechten ist der Grundbaustein. Viele Reiter unterschätzen, wie sehr schon kleine Abweichungen ihre Pferde belasten: Jeder nach vorne oder hinten kippende Oberkörper wirkt wie ein zusätzlicher Hebel auf den Pferderücken. Deshalb: „Jeder Reiter, der nicht in der Senkrechten sitzt, macht es seinem Pferd absichtlich schwer.“

Tipp: Kontrolliere deine Sitzposition regelmäßig durch Fotos oder Videos – idealerweise in Slow Motion. Achte darauf, dass Ohr, Schulter, Hüfte und Absatz eine Linie bilden. Übe das Bewusstsein für deine Sitzbeinhöcker, kippe bewusst ins Hohlkreuz/Rundrücken und wieder in die Senkrechte. So lernst du, die richtige Beckenposition auch im Sattel zu halten.

2. Die richtige Hüftposition

Deine Hüfte ist das zentrale Steuersystem im Sattel. Ein übertriebenes Hohlkreuz oder ein Hineinschieben blockiert die Biomechanik – sei es in der Lendenwirbelsäule, Hinterhand oder im Schulter- und Widerristbereich des Pferdes. Das fühlt sich für dein Pferd unangenehm bis schmerzhaft an. Mit einer instabilen Hüftposition verlierst du zudem deine Balance und reitest dich bei jedem Training in den Verschleiß – und dein Pferd leider gleich mit.

Tipp: Fühle bewusst, wie deine Sitzbeinhöcker gleichmäßig nach unten zeigen. Stell dir vor, du verbindest dich mit den senkrechten Sitzbeinhöckern mit dem Rücken deines Pferdes. Nur durch diese neutrale Beckenposition kann deine Hüfte die Bewegung deines Pferdes durchlassen, ohne zu blockieren. Dadurch ermöglichst du Losgelassenheit und Schwung.

3. Beine und Füße korrekt ausrichten

Viele Reiter hören nur „Bein dran oder weg“, aber wie ist es eigentlich richtig?

  • Oberschenkel: Flach am Sattel, mit leichter Innenrotation stabilisiert er, ohne zu blockieren.
  • Unterschenkel & Fuß: Der Fuß gehört unter den Körperschwerpunkt. Kein Dauerdruck – stattdessen punktuelle Hilfen.

Tipp: Achte darauf, dass dein Unterschenkel leicht nach außen rotiert. So liegt der Sporn automatisch etwas weg vom Pferdekörper, und dein Fuß kommt besser unter den Schwerpunkt. Vermeide es, den Absatz künstlich nach unten zu drücken. Häufig ist die Steigbügel-Länge entscheidend.

4. Kein Einknicken in der Hüfte

Fast jeder Reiter knickt – oft unbewusst – in der Hüfte ein. Die Folge: Wir belasten eine Körperhälfte stärker, was für das Pferd unangenehm ist. Eine gleichmäßige Stellung und Biegung wird dadurch erschwert, die Rippenköpfe können blockieren, und das Pferd kann sich nicht korrekt biegen. Der Reiter fühlt, dass sein Pferd auf einer Seite „stärker“ ist – tatsächlich projiziert er selbst diese Dysbalance ins Pferd.

Tipp: Reflektiere deine Haltung: Wo knickst du ein? Videos und Hilfestellung können helfen, das Muster zu erkennen. Arbeite daran, das Gewicht gleichmäßiger zu verteilen. Dadurch entlastest du dein Pferd erheblich.

5. Aufrichtung von Kopf und Schultern

Eine stabile Oberkörperhaltung entsteht durch die richtige Kopfhaltung. Viele Reiter lassen den Kopf nach vorne fallen oder überstrecken ihn. Wichtig ist: Der Kopf gehört senkrecht über die Wirbelsäule. Erst dann öffnen sich Schultern und Brustkorb automatisch. So bleibt der Reitersitz stabil und entspannt.

6. Feine Hände – statt Druck

Die Hände sind die sensibelste Verbindung zwischen Reiter und Pferd – und oft eine Fehlerquelle. Abgeknickte Handgelenke, verkrampfte Fäuste oder rückwärtswirkende Hilfen machen die Kommunikation unklar. Die Verbindung zum Pferdemaul sollte federnd, elastisch und nach vorne gerichtet sein. Nur so bleiben Losgelassenheit und Bewegungsfreiheit erhalten.

Fazit

Ein guter Reitersitz entsteht nicht über Nacht – er ist das Ergebnis von Bewusstsein, stetigem Üben und dem Willen, an sich selbst zu arbeiten. Die sechs Elemente – Senkrechte, Hüftposition, korrekte Beinlage, stabile Hüfte, aufrechte Haltung und feine Hände – helfen dir, dein Reiten auf das nächste Level zu bringen.

Nur wenn wir selbst korrekt sitzen, kann das Pferd unsere Hilfen richtig aufnehmen und gesund mitarbeiten. Kleine Veränderungen beim Reiter bewirken Großes – für Rückengesundheit, Losgelassenheit und Harmonie im Sattel.

Autorin: Daniela Rahn | Biomechanisch Korrekt Reiten, Bilder: Dethlefsen Photografie

www.bkr-daniela-rahn.com


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